„Rock al Parque“ statt Rheinkultur

7 07 2010

So, nun endlich kommt auch der erste Blogeintrag nicht nur aus Bogotá, s0ndern auch über Bogotá und meine ersten Tage hier.

Bisher war eigentlich alles super. Juan Manuel, mit dem ich über Skype mein Zimmer hier organisiert habe, hat mich vom Flughafen abgeholt, die Wohnung ist so, wie ich sie mir vorgestellt bzw. bei Skype gesehen hatte und auch die Leute hier sind nett und helfen mir bei allem, was ich so zu organisieren habe. Am Samstag sind alle früh aufgestanden, um mit mir das Fußballspiel zu schauen, in der Halbzeitpause wurde mir das Frühstück serviert (Rührei, Toast und arepas, das sind typisch kolumbianische Maisfladen, die es hier eigentlich zu fast jedem Essen gibt), danach sind wir rausgegangen, sie haben mir ein wenig die Stadt, bzw. unsere nähere Umgebung gezeigt, sind mit mir einkaufen gegangen, wir haben zusammen gekocht und so weiter und so fort.

Am Sonntag stand dann der erste größere Ausflug durch die Stadt an. Sonntags ist nämlich in Bogotá „Ciclovía“, das heißt, dass viele große und kleine Straßen für den normalen Autoverkehr gesperrt sind und von Radfahrern, Skateboardern, Bobbycars, Kinderwagen, Joggern, Inlineskatern, mitgezerrten Hunden und allem, was man sich noch so vorstellen kann bevölkert werden. Zudem finden in den angrenzenden Parks öffentliche und kostenlose Yoga- oder Aerobic-Stunden statt. Das ist lustig anzusehen, wenn man neu in der Stadt ist, trägt aber in einer solchen Mega-Stadt, in der man eben nicht mal schnell um den Ölberg oder am Rhein entlang laufen kann, sicherlich zur Lebensqualität bei. Mein dritter Mitbewohner, Jaime, fragte mich also am Sonntagmorgen, ob ich mit ihm ein bisschen durch die Stadt laufen möchte und das habe ich dann gerne getan. Jaime studiert Philosophie, ist ein wandelndes Lexikon und zudem unglaublich interessiert an allem möglichen, weshalb der Spaziergang dann nicht nur körperlich anstrengend war, ich aber auch schon einiges Interessantes über Land und Leute und das Leben im allgemeinen erfahren habe. Zufällig kamen wir dann auch noch am „Museo Nacional“ vorbei, wo auch noch sonntags freier Eintritt ist, sodass ich mich noch zwei weitere Stunden mit dem „Bicentenario“, 200 Jahre Unabhängigkeit Kolumbiens beschäftigt habe. Das Kulturprogramm hat mich so geschafft, dass ich eigentlich den ganzen Tag nur noch auf meinem Bett gelegen habe und das ein oder andere Mal eingeschlafen bin.

Auch am Montag, Feiertag in Kolumbien (San Pedro), wieder volles Programm: Morgens bin ich mit Julián ein bisschen durch die Stadt gelaufen, und nachmittags hat Jaime mich gefragt, ob ich Lust hätte, mit zu „Rock al Parque“, Rock im Park zu kommen. Ich dachte naja, so ein Konzert umsonst, kann ja nicht schaden und sollte man sich nicht entgehen lassen, nicht ahnend, dass es sich um das größte „Umsonst-und-draußen“-Festival Lateinamerikas und das größte gratis-Rock-Festival weltweit handelt und das Konzert, wegen dem wir um 3 uhr nachmittags losgegangen sind, erst um 20:40 Uhr stattfinden würde. Wenigstens war ich vorher so schlau, mir angesichts des Regens und somit Matschwetters meine Wanderstiefel und Regenjacke einzupacken. Am „Parque Simon Bolivar“ wurde mir dann schnell klar, was hier eigentlich loswar. Erstmal eine stunde Schlangestehen, um überhaupt zur SIcherheitskontrolle durchzukommen. Also zur ersten von zwei, wo zum ersten Mal  auf versteckten Alkohol, Schlagstöcke, und sonstige gemeingefährliche Gegenstände wie Gürtel oder Regenschirme untersucht wurde. Dann weiter zur zweiten Kontrolle, wo ich tatsächlich noch genauer abgetastet wurde als am Flughafen in Houston und kein Bonbonpapier in der Jackentasche unentdeckt blieb. Sogar die gerade noch gekaufte Plastikflasche Wasser wurde mir abgenommen. Nur meine Wanderschuhe waren diesmal  nicht so verdächtig, sodass ich diese Gott sei Dankanbehalten durfte. Reichlich merkwürdig war allerdings, dass Alkohol, Zigaretten, Feuerzeuge, und sonstige Getränke und Drogen strengstens verboten waren und jeder einzelne darauf kontrolliert wurde, man aber nur 50 Meter hinter dem Eingang all das, und wirklich all das, wieder alle paar Minuten von einem Verkäufer unter die Nase gehalten bekam. Da kann man es schon fast verstehen, dass einige Besucher reichlich wenig Respekt vor den Polizisten und Sicherheitskräften zeigten und sie stattdessen lieber  ausbuhten oder ihnen die Mützen klauten und damit dann ihren Triumphzug durch die gröhlende Menge starteten.So gab es dann viel zu sehen, sodass die 4-5 Stunden bis zum eigentlichen Hauptact dann doch irgendwie rumgegangen sind, auch wenn die Bands, die es in der Zwischenzeit zu hören gab, eher nicht so ganz meinen Geschmack trafen. Die der Kolumbianer wohl auch nicht so, man hatte den Eindruck, dass eigentlich alle 320.000 Besucher nur auf den EINEN, auf Andrés Calamaro aus Argentinien warteten. Mir persönlich, obwohl ja einigermaßen firm was lateinamerikanische Musik angeht, sagte der zwar bisher noch nichts, ich muss aber gestehen, dass ich sehr positiv überrascht war und eigentlich nicht weiß, wieso ich vorher noch nie was von ihm gehört hatte. So konnte ich dann trotz Rückenschmerzen vom stundenlangen eingequetschen Stehen, Übelkeit durch die ganzen Zigaretten- und ähnlichen Dämpfe in der eh schon sauerstoffarmen Bergluft, Jetlag  und Durst, weil man mir das Wasser abgenommen hatte und es einfach nur Schnaps zu kaufen gab, auf den ich dann doch verzichten konnte, das Konzert noch einigermaßen  genießen. Ein Erlebnis war es auf jeden Fall!

Soviel zu meinen ersten Tagen in Bogotá. Diese Woche ist jetzt eher der Bürokratie gewidmet, da ich ein „Visa de estudiante“ und eine „cedula de extranjeria“, eine Art „Ausländerausweis“ organisieren muss. Da ich für das eine angeblich das andere brauche und umgekehrt wird das sicher wieder eine spannende Aktion. Immerhin habe ich mir heute schon ein Zertifikat über meine Blutgruppe organisiert, ging in 10 Minuten und für 8000 pesos, etwas mehr als 3 euro zur Zeit.  Merkwürdige Dinge werden hier verlangt, aber zumindest weiß ich jetzt meine Blutgruppe, das kann ja auch nicht schaden!

Morgen gehts dann zum „ministerio de realciones exteriores“, wo ich hoffentlich mein Visum bekomme, und dann irgendwo Fußball schauen. Bis bald!


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2 responses

8 07 2010
Laura Dürkop

Dinaaaaaaa, das hört sich so aufregend an!!! Da wird man doch ein wenig neidisch 😉 …. freue mich auf neue Hojas de Queso… genieße die Zeit!!!!

10 07 2010
mia

hast auch schon paar Fotos gemacht???oh man die freude steigt,noch ein Monat und südamerika hat mich wieder :- )

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